Vorwaerts und nicht
vergessen: Gorbatschow
ist an allem schuld
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Am 7. Oktober feierte die
DDR, solange es sie gab, mit Militaerparaden, Aufmaerschen der Bevoelkerung und
Empfaengen fuer das diplomatische Corps den Jahrestag
ihrer Gruendung. Beim 40. Jahrestag, dem letzten, den sie erlebte, gab der Generalsekretaer der KPdSU die Parole
aus, wer zu spaet komme, werde vom Leben bestraft. Was er meinte, war allen
klar: Nur schnelle und weitreichende Reformen, wie Michail Gorbatschow sie in der Sowjetunion
eingeleitet hatte, konnten die DDR noch vor dem Untergang retten.
Die DDR-Fuehrung war dazu weder bereit noch in der Lage.
Noch kurz zuvor hatte Politbueromitglied Kurt Hager gemeint, man werde nicht neu
tapezieren, nur weil der
Nachbar neue Tapeten habe. Am Ende nuetzten weder die
neuen Tapeten des einen noch die alten des anderen: Nicht
nur die DDR ging unter, sondern auch die Sowjetunion.
Die Strafen, von denen Gorbatschow sprach, hat nicht nur
das Leben verhaengt. Auch die deutsche Justiz ist taetig geworden. Der letzte
Staats-und Regierungschef der DDR,
Egon Krenz, der in der Endphase eher halbherzige Reformen
versucht hatte, verbueßt eine siebenjaehrige Haftstrafe,
weil die Gerichte ihn als ehemaliges Mitglied des
SED-Politbueros fuer die Todesschuesse an der
innerdeutschen Grenze mitverantwortlich gemacht haben.
Auf dem Gebiet der vor zehn Jahren untergegangenen DDR
gibt es noch einige, die an ihren ehemaligen Staat glauben. Auf dem Berliner Alexanderplatz kamen am 7.
Oktober 2000 sieben aufrechte Genossen zusammen,
errichteten aus Tapeziertischen einen Informationsstand,
den sie mit der schwarzrotgoldenen Fahne mit dem Hammer-und-Zirkel-Emblem der DDR sowie Fotos von Walter
Ulbricht und Erich Honecker deko-rierten, und
verteidigten die DDR gegen das Publikum, sofern es
ueberhaupt Notiz nahm.
Warum die DDR gescheitert sei, wenn sie den Menschen
soviel Gutes tat, wollten die Leute auf dem
Alexanderplatz wissen. Die Genossen wußten die Antwort:
Der "Konterrevolutionaer" Michail Gorbatschow
habe nicht nur sein eigenes Land an den Klassenfeind verraten, sondern die DDR gleich
mit. Zwar seien auch in
der DDR Fehler gemacht worden, raeumten sie ein, aber im
Vergleich zur Bundesrepublik sei die DDR der bessere
deutsche Staat gewesen.
Die Diskussion wurde zeitweise recht heftig und drohte in
Handgreiflichkeiten ueberzugehen, aber die Polizei war
zur Stelle und schuetzte die Verteidiger der DDR vor dem
Volk.
Bald wieder Konzerte in der Dresdner Frauenkirche
Zum ersten Mal seit der Zerstoerung im Februar 1945
wird es vom kommenden Dezember an wieder Gottesdienste
und Konzerte in der Dresdener Frauenkirche geben. Am 1.
Dezember wird, wie die Stiftung Frauenkirche mitteilte,
in der erst teilweise aufgebauten Kirche ein
Festgottesdienst stattfinden. Am 3. Dezember leiten die
Saechsische Staatskapelle unter Guiseppe Sinopoli und die
Mezzosopranistin Cecilia Bartoli eine Konzertreihe ein.
Bis Ende Dezember stehen zehn weitere Konzerte auf dem Programm, unter anderem mit dem Tenor Peter
Schreier, dem
Dresdner Kreuzchor, der Dresdner Philharmonie und dem neu
gegruendeten Kammerchor der Semperoper. Manche Kuenstler
haetten vollstaendig oder teilweise auf ihre Gage verzichtet, sagte der Dresdner Trompeter Ludwig Guettler
bei der Vorstellung des Programms. Guettler ist Kurator
der Stiftung Frauenkirche und Chef der Gesellschaft zum
Wiederaufbau der Kirche.
Die zwischen 1726 und 1743 nach Plaenen des saechsischen
Baumeisters Georg Baehr (1666-1738) erbaute
protestantische Frauenkirche war durch Bombenangriffe im
Februar 1945 voellig zerstoert worden. Mit dem
Wiederaufbau wurde 1994 begonnen, er soll 2005 vollendet sein. Die Kosten werden auf 250 Millionen Mark
geschaetzt. Bisher sind 185 Millionen Mark gesichert,
davon 125 Millionen aus privaten Spenden.
Der in New York lebende Molekularbiologe Guenter Blobel,
der 1999 mit dem Nobelpreis fuer Medizin ausgezeichnet
worden war, hat fast sein gesamtes Preisgeld, knapp eine
Million Dollar, fuer den Wiederaufbau des Gotteshauses gestiftet. Blobel hatte als Kind bei der Flucht aus
Schlesien die Zerstoerung Dresdens miterlebt.
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